Markus Engelns: Sofortbilder der Adoleszenz. Motive in digitalen Spielen am Beispiel "Life is Strange" (2015)
Das Spiel Life is Strange (2015) erzählt eine Coming-of-Age-Geschichte über die Teenagerin Max, die, nachdem sie zeitweise bei ihren Großeltern in der Ferne gelebt hat, in ihren Heimatort zurückkehrt, um dort Fotografie zu studieren. Das Spiel handelt dabei von der komplizierten Beziehung zwischen Max und ihrer ehemals besten Freundin Chloe, deren Kontakt abgebrochen ist. Zugleich hat Max apokalyptische Träume von einem heraufziehenden Tornado, die in Verbindung zu zahlreichen verschwundenen Schülerinnen der Universität zu stehen scheinen. Als Max schließlich auf der Schultoilette Zeugin von Chloes Mord wird, kann sie unvermittelt die Zeit anhalten und um ein paar Minuten zurückdrehen, um ihre Jugendfreundin zu retten. Fortan wird es die Aufgabe der Spieler*innen sein, die neu aufkeimende Freundschaft der beiden jungen Frauen zu erkunden und dabei gleichwohl das Geheimnis der verschwunden Schülerinnen zu ergründen. Zentrales Mittel hierzu sind die kurzen Zeitreisen, die es erlauben, in meist brenzligen Situationen binäre Entscheidungsoptionen durchzuspielen, deren unmittelbare Konsequenzen zu erleben und bei Bedarf die Zeit zurückzudrehen, um eine andere Option auszuwählen. Die Analyse von Life is Strange erlaubt es dabei zum einen, die komplexe Verschachtelung von den Motiven Fotografie (Max hält Momente in Sofortbildern fest), Zeitreisen, Entscheidungssituationen und Adoleszenz im Spiel genauer in den Blick zu nehmen. Zum anderen kann dadurch aber auch eine Lücke in der narratologischen Forschung zu digitalen Spielen geschlossen werden, indem der Beitrag den Begriff des Motivs auf modellbildender Ebene als Schaltstelle zwischen syntagmatischen (z.B. Handlung) und paradigmatischen Ausprägungen (Topoi) narrativer Realisierungen positioniert.