Deutscher Jugendliteraturpreis 2020 - Sonderpreise "Neue Talente" und "Gesamtwerk"

2020. Ausgezeichnet mit dem Sonderpreis "Neue Talente" wurde Rieke Patwardhan mit ihrem Kinderroman "Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir Omas großem Geheimnis auf die Spur kamen", illustriert von Regina Kehn. Nominiert waren für den Preis zudem Nora Krug mit "Heimat. Ein deutsches Familienalbum" und Dirk Pope mit seinem Jugendroman "Abgefahren".

Aufgewachsen in Schleswig-Holstein, verbrachte Rieke Patwardhan ihre Kindheit damit, auf Bäume zu klettern und dort alle Bücher zu lesen, die sie ihren großen Schwestern entwenden konnte. Nach einer Buchhändlerlehre, dem Studium stetig wechselnder Geisteswissenschaften und einem Abschluss als Diplompsychologin lebt sie jetzt mit ihrer Familie in Hamburg und schreibt Geschichten, die nun andere Kinder auf Bäumen lesen können.

Nils hat ein "ausgleichendes Gemüt", weswegen die temperamentvolle Evi in der Schule neben ihn gesetzt wird. Als sie ihn überredet, mit ihm eine Bande zu gründen, fehlt ihnen lediglich eine besondere Aufgabe – und diese kommt in Form von Lina, die mit ihrem Vater aus Syrien geflohen ist. Nachdem die beiden ihren Plan, Lina zu integrieren, erfolgreich umgesetzt haben, wartet schon die nächste Herausforderung: Zu dritt lösen sie das Rätsel um Nilsʼ Oma, die massenweise Erbsensuppe in Dosen kauft und dann zu Hause stapelt.

Voller Humor und Leichtigkeit nähert sich Rieke Patwardhan den Themen Integration, Flucht und Traumatisierung. Die drei Kinder durchleben eine glaubhafte Entwicklung und bieten mit ihren charakteristischen Ecken und Kanten ein schönes Identifikationspotenzial für Gleichaltrige. Forschungsgruppe Erbsensuppe ist zudem ein sprachlich überzeugender Roman, der trotz der ernsten Thematik ein vergnügliches, unterhaltsames und spannendes Leseerlebnis bietet.


Cornelia Funke und Bundesministerin Franziska Giffey   © David Baltzer / AKJ

Ausgezeichnet mit dem Sonderpreis "Gesamtwerk" wurde Cornelia Funke. Den mit 12.000 Euro dotierten Preis nahm die Autorin und Illustratorin im Rahmen eines Livestreamings aus dem Berliner GRIPS Theater per Live-Schaltung virtuell entgegen. Nominierungen gibt es für diesen Preis nicht.

Cornelia Funke wurde 1958 in Dorsten geboren. Nach dem Studium der Soziologie und Sozialpädagogik an der Universität Hamburg arbeitete sie als Diplompädagogin auf einem Bauspielplatz in einem sozialen Brennpunktviertel. Neben dieser Tätigkeit studierte sie Buchillustration an der Fachhochschule Hamburg. Mit Abschluss dieses Studiums illustrierte sie zunächst Kinderbücher, bis sie selbst zu schreiben begann. Sie arbeitet und lebt in Kalifornien.

Cornelia Funke überzeugt in ihren Bilderbüchern mit starken und pfiffigen Heldinnen und Helden, die gerne unkonventionelle Wege gehen. In ihren Kinderbüchern beeindruckt sie mit einem großen Variantenreichtum, egal ob reales Abenteuer oder phantastische Geschichten für Jüngere. Für Jugendliche hat sie narratologisch komplexe und spannende Texte geschaffen. In diesen sind die harmonischen Übergänge zwischen der von ihr detailliert kreierten Phantasiewelt und der realen Welt besonders glaubhaft. In Cornelia Funkes gesamtem Werk sind die handelnden Figuren facettenreich und realistisch, es gibt keine falschen Helden. Mit ihrer feinen und bildlichen Sprache schafft sie es, die Leserinnen und Leser zu fesseln und Emotionen zu wecken, erzählt aber dabei immer mit viel Humor und einem Augenzwinkern. Cornelia Funke hat mit ihren Büchern ein umfangreiches, vielfältiges und vor allem vielschichtiges Gesamtwerk geschaffen, das eine sehr breite Leserschaft anspricht und angefangen beim Bilderbuch bis hin zum Jugendbuch mitwachsen lässt.

In der Fachzeitschrift JuLit des Arbeitskreises für Jugendliteratur e.V. ist ein Beitrag von mir zu Cornelia Funke als Trägerin des Sonderpreises in der Kategorie "Gesamtwerk" erschienen, den Text stelle ich hier zur Verfügung.